Was Paul Meißner in der Galerie im Griechenbeisl zeigt, ist nobler Tachismus. Das ist weder ironisch noch sonst wie abwertend gemeint, sondern ein Kompliment. Wie die meisten Künstler, die ähnlich modern fühlen und denken wie Meißner, versucht der 53jährige Wiener, 1951 mit dem Staatspreis ausgezeichnet und Präsident der Secession, seinen Zweifeln, Ahnungen und Gewißheiten durch eine ausdrucksstarke, impulsive und temperamentvolle Malweise gerecht zu werden. Dabei beschränkt er sich jedoch nicht darauf, den Pinsel furios und vehement umhersausen zu lassen, sondern er formt und reduziert ähnlich wie die jungen informellen Spanier. Mit ihnen hat er auch den melancholischen, traurigen Grundzug gemeinsam, der sich im Verwenden vieler grauer und schwarzer Tönungen ausdrückt.
Meißner malt so, daß die Farben miteinander eine Verbindung ein¬gehen, ineinander dringen und ver¬fließen, und er faßt das vulkanische, stark bewegte Bildgeschehen durch ruhige Flächen und Fragmente so ein, daß die formelle und nicht nur gestikulierende Hand spürbar bleibt. Darin unterscheidet er sich wesent¬lich von der vielfach unkontrollierten Maltätigkeit eines Staudacher oder Hollegha, schon gar eines Prachensky, mit denen er eine weite Verwandt¬schaft hat und die er unter anderen als Präsident der Secession gro߬gezogen hat. Für Meißners Kunst existieren noch elementare Grundgesetze, die seinen Arbeiten jenes Maß verleihen, das vielen seiner Zunftgenossen teilweise verloren gegangen ist.
In wolken- oder schlammartigen Knäueln kristallisiert sich in seinen Bildern etwas heraus, was an den Schöpfungsprozeß erinnert. Amorphes breitet sich aus und wird durch ein klares Gefüge gezähmt, zu einem Formenkamplex verdichtet, der den Sieg über das Chaos und eine diffuse Traum- und Schatten¬welt apostrophiert. Manchmal frei¬lich ist auch nur das Wollen einer Einheit, eines Zusammenschlusses fühlbar, unbekannte Kräfte drängen sich ins Bild und bleiben unbewältigt. In solchen Fällen macht sich ein gewisses Nachlassen der sonst stets spürbaren Konzentration bemerkbar. Die meisten der ausgestellten Ölbilder und Guaschen wirken aber unmittelbar ansprechend und überzeugend, Heil und Unheil modernen Menschseins verblüffend vielschichtig dokumentierend.
Atz
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