Ausstellung Paul Meissner in der Wiener Secession |
Es gibt einen Wiener Maler, bei dem man sofort an das Schwarz als bildnerische Funktion, ja, mehr, als Weltanschauung denkt: Paul Meissner, der langjährige Präsident der Wiener Secession. Weltanschauung? Alle Farbigkeit, alles Blühende, alle betörende Vielfalt des Lebens ist da ausgeschaltet. Das zeigt auch wieder Meissners derzeitige umfangreiche Kollektivausstellung in der Secession. Die Körperlichkeit des Menschen ist da, überkräftig, brutal, massig, aber sie ist vom Schwarz umschlossen, ist hoffnungslos isoliert, äußerst geringe Farbigkeit, wird vom Schwarz überschattet. Da gibt es ein spürbares, aber nicht greifbares Verhängnis, diese Körper mögen sich dem widersetzen, sich aufbäumen, sie überwinden es doch nicht. Damit bietet Meissner einen signifikanten Ausdruck unserer Zeit, der Mensch ist dem Ungeheuerlichen ausgesetzt, er vermag es nicht zu bannen. Da gibt es einen fast wandhohen „monolithischen Kopf", der sich emporreckt, im Verquollenen des Widerstands zu dunklem Gestein wurde. Da gibt es den ebenso großen „Kopf des Angeklagten" voll äußerster Energie der Konzentration, des Beharrens, trotz erlittener Peinigungen, die da spürbar werden. Stellt Meissner fünf Figuren nebeneinander: zwei ohne Unterschenkel, im Körpergefüge gleichsam segmentiert, fragt man sich, ob das nicht zur Schau gestellte Opfer von Gewalttätigkeiten sind. In dem Tryptichon „Hiroshima" sind das nicht mehr menschliche Figuren, die sich aufbäumen, es sind nur noch an Menschen gemahnende unheimliche, kantig facettierte Gebilde, die das Ungeheuerliche eben dadurch erschreckennt sinnfällig machen. Und stellt er in dem Bild „Figuration" ein körperliches Etwas vor uns hin, das sich schwer näher beschreiben lässt, so hat -man auch da--:den: Eindruck- des Unheimlichen. _ _
Doch wohl zwangsläufig musste Meissner zur Vorstellung „Golgatha" als gewaltigem Sinnbild alles Leidens gelangen. In einem dreiteiligen „Großen Altar" ist die Szene ganz geheimnisumdunkelt, die Gestalten erscheinen vom Furchtbaren überwältigt, wie restringiert. In einem dreiteiligen „Triester Altar" gibt es nur schwach erhellte Formen in dem vielen Schwarz, ergreifend dem Ungeheuerlichen ausgesetzt wird dabei die Vorstellung des kraftlosen Hängens am Kreuz vermittelt, ohne daß es ein Kreuz zu sehen gibt. Und nun voller Gegensatz zu all dem Schwarz, ein Durchbruch zu hellster Helligkeit: „Strukturelle Akte" mit zwei hell gespachtelten massigen Weiberkörpern im ganz Hellem Auch Meissner bedarf einer Entlastung vom Überdruck.
Karl Maria Grimme
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